Wären Sie jetzt sehr enttäuscht, wenn ich Ihnen sagen würde: Weder noch? Aufstellungen können wissenschaftlich schwer bis kaum erklärt werden, sind hoch-wirksam UND mit Vorsicht zu genießen.
Die Ursprünge der Aufstellungsarbeit lassen sich auf verschiedenen Einflüsse zurückführen: Indigene Völker kennen diese Arbeit seit langer Zeit... ebenso, wie sie in afrikanischem Stammeswissen zu finden sind. In der therapeutischen Arbeit waren Jakob Moreno (Therapierichtung Psychodrama) und Virginia Satir (Entwicklerin der Familienskulptur in der systemischen Familientherapie) Vorreiter in der Entwicklung von Aufstellungsformaten. Bekannt ist Ihnen vermutlich auch Bert Hellinger, ein äußerst umstrittener Vertreter der Aufstellungsarbeit, der diese maßgeblich mitgeprägt hat, auch wenn viele seine Ansätze heute anders betrachtet werden.
In der jüngeren Vergangenheit haben ua. Gunthard Weber und Matthias Varga von Kibéd neue interessante Aspekte entwickelt und zur weiteren Vertiefung dieser Methode beigetragen. In den letzten 20 Jahren hat die Aufstellungsarbeit viel Verbreitung gefunden - heute finden sich unterschiedliche Ansätze, Ausprägungen und vor allem viele verschiedene Anbieter, die Aufstellungen begleiten.
Was sind Aufstellungen eigentlich?
“Innere Bilder im Außen darstellen - entweder mit Hilfe von Menschen (Stellvertretern) oder Gegenständen (zB Aufstellung auf dem Brett oder Boden."
Das bedeutet, dass Sie Beziehungen gut mit Hilfe von Aufstellungen darstellen und in weiterer Folge auch bearbeiten können. Sie können sich immer noch nicht so viel darunter vorstellen?
Lassen Sie uns das Beispiel des Hrn. C. nehmen. Mit seiner freundlichen Erlaubnis dürfen wir seine Erfahrungen hier teilen.
"Irgendwie passt es nicht..."
Herr C., ca. 45 Jahre alt, ist Anwalt und allseits bekannt für seine trockene, rationale (aber wenig emotionale) Art. Er kommt immer wieder in seinem Laben an den Punkt, wo er sich nicht zugehörig fühlt: In der Familie fühlte er sich anders, mit Gleichaltrigen und Freunden konnte er nie wirklich Platz in einem stabilen Freundeskreis finden, im Büro quälen ihn zunehmend Vermutungen, dass er bald hinausgeworfen wird - jeder weiß es, nur ihm sagen sie es nicht. Er weiß, dass diese Vermutungen wahrscheinlich nicht der Wahrheit entsprechen, aber die Gedanken daran quälen ihn - und er kann sie nicht abstellen... "Irgendwie passt da was nicht..."
Nach langem Zögern hat er sich entschieden, an einer Aufstellung teilzunehmen. Er stellt allerdings sicherheitshalber auch immer wieder fest, dass er "an diesen Blödsinn nicht glaubt". Da er es jedoch noch nie ausprobiert habe, könne er es letztlich aber auch nicht beurteilen...
In einem Vorgespräch mit der Therapeutin bespricht er die unterschiedlichen Situationen seines Lebens, in denen er immer wieder dieses eigenartige Gefühl habe. Es ist ihm wichtig, dass er sich im Rahmen des Aufstellungsabends keine Blöße gibt, er will diese Geschichten nicht auch noch mit ihm wildfremden Menschen teilen. Keine Sorge, Hr. C., das müssen Sie nicht!
Der Aufstellungsabend ist gekommen. Hr. C. ist sehr nervös, eigenartig, so kennt er sich normalerweise gar nicht. Neben ihm, der sein Anliegen aufstellen möchte, sind ca. 10 weitere Menschen gekommen. Er kennt keine/n davon. Er lächelt freundlich, fühlt sich in seiner Haut aber überhaupt nicht wohl und wird später seiner Therapeutin sagen, dass er nur mehr weg wollte.
Die Therapeutin leitet den Abend ein und teilt den anderen Teilnehmern mit, dass sie sich darauf geeinigt hätten, relativ wenig über das Anliegen der Hrn. C. zu sagen. Die anderen Teilnehmer erfahren nur, dass es um "seinen Platz im Leben" geht.
Die Therapeutin zeichnet ein Genogramm (einen vereinfachten Familien-Stammbaum des Hrn. C.) auf ein Flipchart und bittet ihn, Repräsentanten (auch Stellvertreter genannt) auszuwählen: für sich selbt, seine Mutter und seinen Vater. Geschwister hat er keine.
Hr. C. wählt Teilnehmer für die drei Rollen aus, berührt diese an den Schultern und "schiebt" sie in den Raum, um sie an einer Position stehenzulassen. Später wird er sagen, dass er bei der Auswahl nach Sympathie entschieden hätte.
Dann setzt er sich auf seinen Platz und beobachtet das Geschehen. Die begleitende Therapeutin fragt bei den einzelnen Repräsentanten ab, was sie im Körper wahrnehmen. Wohin sich ihre Aufmerksamkeit richten würde und ob sie zu einem der Anwesenden einen Bezug spüren würden. Die Dynamik einer Aufstellung hier wiedergeben zu wollen, ist in jeden kleinem Detail zu schwierig - vereinfacht gesagt wird bald klar, dass in der Aufstellung jemand fehlt. Ein weiterer Teilnehmer wird ausgewählt und nimmt diesen Platz ein, der zuvor vermeintlich leer gewesen wäre. Plötzlich entspannt sich die Situation zunehmend, die Aufstellung kommt zu einem guten Ende.
Tatsächlich?! Und das war's?
Tja, vermeintlich ist nicht viel passiert. Hr. C. war abschließend erleichtert und beschrieb (noch an diesem Abend) ein eigenartiges Gefühl des "Sich-Wohlfühlens". Er geht nach Hause und spricht erst mal mit niemandem darüber.
Zwei Wochen später kommt Hr. C. in die Therapie und strahlt. Er hat allen Mut zusammengenommen und seinen Chef darauf angesprochen, dass er das Gefühl habe, dass die Anderen etwas über seine Situation wüssten, nur er nicht. Zu seiner große Überraschung stellte sich jedoch heraus, dass seine Kanzlei sich nicht von ihm trennen möchte, sondern ganz im Gegenteil! Sie planen, einen Spezialbereich aufzubauen, und hatten überlegt, ob er diesen Bereich leiten könne. Dazu wurden auch Gespräche mit den anderen Kollegen geführt - und eigentlich wollten sie ihm dieses Angebot erst später machen, aber da er nun schon mal fragen würde...
Mit diesem (unverhofften, wie er später lachend sagen wird!) Erfolgserlebnis kam er zu seinen Eltern und hat ihnen stolz davon berichtet. Ganz nebenher erzählt er von der Aufstellung, in der jemand in ihrer Familie gefehlt hatte, als seine Mutter plötzlich Tränen in den Augen hat. Nach einem kurzen Stocken des Gesprächs beschließen seine Eltern, ihm etwas zu erzählen, was sie schon lange hätte sagen können: Er ist nicht ihr einziges Kind! Vor seiner Geburt war seine Mutter schon einmal schwanger, mit einem weiteren Sohn, der allerdings kurz nach der Geburt verstorben sei. Um ihn nicht zu belasten (und den eigenen Schmerz besser auszuhalten) hatten sie entschieden, ihm nicht davon zu erzählen...
Aha! Aufstellungen decken also lange verborgenen Geheimnisse auf?
Nein, das tun sie nicht! Aus der Aufstellung heraus wurde nicht ersichtlich, wer im Familiensystem gefehlt hatte. Dass jemand gefehlt hatte, war übereinstimmend für alle Repräsentanten klar und spürbar.
Aufstellungen können niemals den Anspruch auf die eine Wahrheit erfüllen. Sie sind keine Offenbarung oder Orakel, um Zugang zu verborgenen Geheimnissen zu erlangen. Sie sind auch kein diagnostisches Instrument, das eine sorgfältige therapeutische oder medizinische Maßnahme ersetzt.
Aufstellungen sind die Abbildung innerer Bilder im Außen. Und sie bieten Gelegenheit und Anstoß für weitere Impulse. Sie zeigen neue Perspektiven auf bereits bekannte Konstellationen und wirken.
Diese Wirkung ist Gegenstand vieler Diskussionen und Untersuchungen: morphogenetisches Feld, Stellvertreter oder Repräsentanten, phänomenologische Wahrnehmung... wie diese Phänomen zusammenhängen, konnte bis dato nicht wissenschaftlich geklärt oder - noch viel wichtiger - erklärt werden.
Im Fall von Hrn. C., war er vor und während der Aufstellung sehr nervös. Er hat genau darauf geachtet, dass die übrigen Teilnehmer nichts von ihm oder seinem Leben erfahren. Abschließend war er erstaunt darüber, wie wohl er sich fühlte, friedlich und ruhig.
Er hat in weiterer Folge entschieden, den Schritt auf seinen Chef zuzumachen. Aus diesem Impuls heraus hat sich die Situation - für ihn höchst zufriedenstellend - aufgelöst. Und dann hat er auch noch entschieden, seinen Eltern davon zu erzählen. Dies hätte er früher nicht gemacht, das möchte er mit Nachdruck hinzugefügt wissen! Mit seinem Vater, einem früheren Staatsanwalt, befände er sich teilweise immer noch wie in einer Art Konkurrenzverhältnis, und die Mutter würde wenig von den beruflichen Zusammenhängen verstehen, ihn jedoch immer wohlwollend unterstützen.
Warum er seinen Eltern von dieser beruflichen Situation und letztlich auch von der Aufstellung erzählt hatte, kann er nicht mehre sagen. Er, der stolz auf seine rationale Seite ist, meint lachend: "Es hat sich richtig angefühlt."
Nachsatz: Hr. C. kommt immer noch in Situationen, wo er einen Anflug des alten Gefühls wieder erkennt. Mittlerweile kann er aber unterscheiden, woher dieses Gefühl kommt, und denkt dann an seinen Bruder, den er nie kennengelernt hat. Damit gelingt es ihm, aus diesem Gefühl auszusteigen, und er kann besser mit Situationen wie diesen umgehen.
Was kann aufgestellt werden?
Mittlerweile gibt es - neben den Aufstellungen im Familienkontext - auch Aufstellungen für Organisationen, mit Symptomen oder Krankheitsbildern, mit abstrakten Begriffen und vielem mehr.
Neben den Aufstellungen mit Menschen, die sich als Repräsentanten zur Verfügung stellen, gibt es auch Aufstellungen auf dem Systembrett mit Holz- oder Filzfiguren, Steinen oder anderen Gegenständen. Auch Aufstellungen (ohne zusätzliche Menschen) mit Sesseln oder Bodenankern wie Teppichfliesen, Papierblättern oder Pölstern sind möglich.
Worauf können Sie achten, um gut betreut zu sein?
Wesentlich ist, dass der begleitende Therapeut (ja, Therapeut wäre ganz wichtig!) nicht zu viel von Ihnen weiß und dafür Sorge trägt, dass im Rahmen der Aufstellung (und auch danach) nicht interpretiert wird. Ein Therapeut, mit dem Sie bereits seit Jahren an Ihren Themen arbeiten, wird sich schwertun, eigene Hypothesen in der Begleitung der Aufstellung wegzulassen, und selbst Gefahr laufen, zu interpretieren. Einzig die körperlichen Wahrnehmungen der Stellvertreter können in seriösen Aufstellungen die Grundlage für weitere Schritte bilden. Im Idealfall haben Sie sogar nicht nur einen Therapeuten, der Sie begleitet, sondern können auf mehrere Experten zurückgreifen ("4 Augen sehen mehr als 2").
Warum behaupte ich, dass ein Therapeut die Aufstellung begleiten sollte? Aufstellungsarbeit ist eine sehr wirkungsvolle Methode, mit der allerdings auch Schindluder getrieben werden kann. Bert Hellinger musste sich den Vorwurf gefallen lassen, dass durch seine haltlosen, aber sehr apodiktischen Aussagen eine Frau verzweifelt aus der Aufstellung herausgegangen ist. Bert Hellinger hatte entschieden, dass das gemeinsame Kind besser bei dem Vater untergebracht wäre, und hat die Frau vor allen Anwesenden abqualifiziert (Zitat: "Da sitzt das kalte Herz"). In ihrer Verzweiflung sah sie keinen anderen Ausweg, als sich kurz darauf das Leben zu nehmen.
Daraus ergibt sich ein weiterer Aspekt, auf den Sie achten können: Wesentlich ist zudem, dass Sie als Klient, der ein Anliegen bringt, gut betreut sind - vor, während und nach der Aufstellung.
Bei FONDAVO, dem zentrum für gesundheit & entwicklung (www.fondavo.com), haben wir Aufstellungsabende eingeführt, die alle oben genannten Aspekte berücksichtigen:
Sie sind bereits in therapeutischer Behandlung und beschließen, ein Anliegen aufstellen zu lassen.
Sie kommen zu FONDAVO zu einem Vorgespräch mit einem Experten Ihrer Wahl und schildern Ihr Anliegen.
Sie bringen wahlweise Ihren Therapeuten zu dem FONDAVO Aufstellungsabend mit. Es kann Ihnen im weiteren therapeutischen Prozess nur helfen, wenn Sie die aufgekommenen Themen gemeinsam weiter bearbeiten können. Außerdem kann Ihr Therapeut auch während der Aufstellung gut auf Sie achten und hat vielleicht im Nachhinein zusätzliche Aspekte bemerkt, die Ihnen während der Aufstellung entgangen sind.
Sie lassen Ihr Anliegen aufstellen: Die Begleitung Ihrer Aufstellung erfolgt durch einen FONDAVO Experten Ihrer Wahl, die einzeln, aber auch im Team die Aufstellung begleiten können.
Sie lassen die Erfahrungen auf sich wirken und haben die Möglichkeit, das Erlebte im Therapieprozess mit Ihrem Therapeuten nachzubearbeiten.
Neugierig geworden?
Wenn Sie neugierig geworden sind, wie sich Aufstellungen anfühlen und was Sie daraus mitnehmen können, dann probieren Sie es aus! Bei FONDAVO (#fondavo #aufstellung #aufstellungsabend) finden regelmäßig Aufstellungsabende statt, an denen Sie gerne (und ohne jede Vorkenntnis) teilnehmen können. Sie entscheiden, ob Sie nur beobachten oder auch als Repräsentant zur Verfügung stehen und Erfahrungen sammeln wollen.
Für nähere Informationen kontaktieren Sie bitte willkommen@fondavo.com.
Termine von FONDAVO Aufstellungsabenden entnehmen Sie bitte dem FONDAVO Kalender (https://www.fondavo.com/veranstaltungen).
Für Vorgespräche stehen Ihnen meine Kollegin oder ich gerne zur Verfügung:
Dr. med. Hellvig Spinka (Fachärztin für Psychiatrie, Systemische Psychotherapeutin, Zertifizierte Aufstellerin): Kontaktieren Sie bitte hellvig.spinka@fondavo.com.
Mag.(FH) Andrea Cantele, (Unternehmensberaterin, Systemische Psychotherapeutin, Zertifizierte Aufstellerin): Kontaktieren Sie bitte andrea.fritze@fondavo.com.
Wir freuen uns darauf, Sie zu begrüßen!
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